Denn Agilität ist nur ein Oberbegriff für eine Art zu Denken, eine Weise zu Arbeiten und eine innere Einstellung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese in die praktische Arbeit umzusetzen. Die beiden bekanntesten agilen Methoden sind Scrum und Kanban (oft wird auch eine Mischung zwischen beiden praktiziert). Ziemlich viele Vorhaben innerhalb eines Unternehmens können mit diesen beiden Methoden umgesetzt werden. So sehr sich die beiden Vorgehensweisen auch ähneln - Boards, Dailys, Teams - bei der Frage, welche Methode die richtige für ein Projekt ist, gibt es einige Eigenschaften, die berücksichtigt werden sollten. Zunächst gilt es zu verstehen, was Scrum und Kanban überhaupt sind.
Ein gemeinsames Prinzip ist die Fokussierung, um eine möglichst hohe Produktivität und Effektivität sicherzustellen. In Scrum erfolgt das über das Timeboxing in Sprints. Zu Beginn einer jeden Iteration erarbeitet sich das Team ein nachhaltiges und relativ konstantes Arbeitsvolumen (da Sprints immer gleich lang sind), das nachfolgend abgearbeitet wird. Der Fokus liegt dann immer auf der Entwicklung dieses Inkrements. In Kanban erfolgt durch das Setzen eines (WiP-) Limits die Begrenzung des Workloads auf wenige Aufgaben. Beide Methoden verhindern sowohl in Kanban- als auch in Scrum-Teams, dass sich die Mitarbeiter in zu vielen Aufgaben verzetteln und den Überblick über das Wichtigste verlieren. Auch Visualisierung wird als wertvolle Technik in beiden Methoden genutzt. Ein gemeinsames Board sorgt dafür, dass Aufgaben immer sichtbar sind und Teammitglieder sich einfach und effektiv koordinieren können. In Kanban kommt dem Board zusätzlich noch die Funktion zu, Bottlenecks aufzudecken und den WiP zu überwachen. Die optimale Gestaltung des Prozesses wird mit einem Board einfach erarbeitet. Natürlich verschwimmen die Eigenschaften, so kann man auch in Scrum ein Bottleneck entdecken und den Prozess optimieren usw..
Unterschiedlich hingegen wird die zeitliche Strukturierung in beiden Methoden behandelt: Während Scrum in festgesetzten Sprints arbeitet, gibt es in Kanban einen kontinuierlichen Flow. In Kanban gibt es keine Regeln, die in Planungs-, Arbeitsphasen und Möglichkeiten zur Reflektion unterteilt. Dementsprechend wird in Kanban auch kontinuierlich geliefert, sobald eine Aufgabe den Prozess durchlaufen hat, während in Scrum lediglich am Ende jedes Sprints ein Inkrement fertig gestellt ist. Ein wichtiger weiterer Unterschied ist die Teamzusammensetzung. In Scrum sind explizit drei Rollen mit definierten Aufgabengebieten und Verantwortlichkeiten festgelegt. Kanban trifft darüber keine Aussagen. Man bekommt schon aus diesen wenigen Beispielen einen guten Eindruck davon, dass Kanban viel mehr Freiheiten lässt und es dem Team ermöglicht, eigene Regeln aufzustellen, z. B. einen Kanban Master zu wählen oder eigene Retrospektiven einzurichten. So verschwimmen auch hier die Grenzen zwischen Scrum und Kanban in der Realität oft. Diese Auflistung ist natürlich längst nicht vollständig.
Zum Abschluss möchten wir Ihnen einige Fragen mit an die Hand geben, die Sie sich bei Ihrer Entscheidung für eine der beiden agilen Methoden stellen sollten:
Dies sind eine Reihe von Beispielfragen, die Ihnen helfen können, sich für die für Sie richtige Methode zu entscheiden. Und nicht vergessen: Keine der beiden Methoden ist besser als die andere, sie verfolgen nur leicht unterschiedliche Zwecke.
Über die Autoren:
Volker Schmidt arbeitet als Agile Coach bei Cegeka Deutschland und begleitet Unternehmen, insbesondere das Management, bei der agilen Transition. Er ist zertifizierter Scrum Master und verfügt über langjährige Erfahrungen im agilen Projektmanagement und der Führung von agilen Teams.
Video zu Volker Schmidt's Vortrag "Wenn agile IT-Projekte an die Grenzen der Organisation stoßen – wie transformiert man ein ganzes Unternehmen" auf der JAX 2017 Video zu Volker Schmidt's Vortrag "Einführung agiler Methoden in klassische Unternehmensorganisationen – mit der richtigen Auswahl zum Erfolg" auf der JAX 2018 |